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Unser Buchtipp: ‚Günther – Giftler, Gammler Plattensammler‘ … sollte in keinem Haushalt fehlen

Biografien über Prominente gibt es wie Sand am Meer, über einen „Giftler, Gammler, Plattensammler“, wie der Untertitel der Lebensgeschichte von „Günther“ lautet, wohl aber erst eine: Autor Andi Appel hat ein stimmiges Porträt über einen Musikliebhaber, jahrelangen Suchtmittelabhängigen und Zeitzeugen eines Wiens im jugendkulturellen Umbruch verfasst. Der Namensgeber des Buches, Günther, wuchs in einer Zeit auf, in der Langhaarige auf der Straße beschimpft wurden. Andi Appel: „Günther“ mit einem Vorwort von Wolfgang Ambros, resonance Verlag, 212 Seiten, vier Seiten Fotostrecke in Farbe, €24. Und dazu unser Live-Lesetipp: Die große Gala 1 Jahr ‚Reading Rock‘ mit Andi Appel & Gordon McMichael & vielen Special Guests am 2. September im Soundgarden der SZENE WiEN (für den Navi: Hauffgasse 26, 1100 Wien-Simmering) – Beginn: 19 Uhr, Eintritt frei.

Der heute 69-Jährige Günther Holtschik entdeckte als Nachkriegskind früh den Rock and Roll als Ausflucht aus dem trüben Bubenklassen- und Internatsalltag. Seine erste gekaufte Single war „The Last Time“ der Rolling Stones, die sein Leben lang seine Lieblingsband blieben. Scheidung der Eltern, Probleme in der Schule: Da kamen die Beatles, das neu gegründete Radio Ö3, die Piratensender und Konzerte gerade recht. The Troggs in der Wiener Stadthalle war sein erstes Livekonzert-Erlebnis.

Günther erlebte die Wandlung von heute amateurhaft wirkenden Auftrittsbedingungen ohne PA, eine Box links von der Bühne, eine rechts und Bands, die abwechselnd auf der linken und rechten Bühnenseite auftraten, getrennt von ein paar hingestellten Palmen, zu den gigantischen Stadionshows von heute mit. Andi Appel lässt in der Sprache des Protagonisten eine aufregende Zeit Revue passieren, in der heimische Gruppen wie die Webbs Crew mit einem Prä-Drahdiwaberl Stefan Weber am Mikro oder später Novak’s Kapelle für einen Aufbruch in der Szene sorgten.

Die Wege Günthers führten in den Volksgarten: „Wir waren ‚de Gammler‘ vom Theseustempel“, heißt es im Buch, „Es gab dort kein Lokal, kein Zelt. Wenn es regnete, konnte man sich direkt im Tempel unterstellen. Ansonsten saßen die Leute einfach auf den Stiegen, viele Musiker darunter, Harri und Jano Stojka, der blutjunge Hansi Dujmic mit ganz langen Federn spielte dort öfters Gitarre, sehr gut sogar.“ Zeitungen berichteten damals von Drogenrazzien rund um das Gebäude, tatsächlich kam Günther dort in ersten Kontakt mit Rauschmitteln.

Das Buch nimmt LeserInnen mit auf Besuche in ebenso legendäre wie verrufene Lokale wie die Camera und das Voom Voom (Wolfgang Ambros, ein anderer häufiger Gast dort, schrieb das Vorwort zu „Günther“). Längst geschlossene Plattengeschäfte wie das Why Not und der Meki wurden zu Pilgerstätten von Musikfreaks, die Arena wurde besetzt und schließlich nicht nur zum Ort großartiger Konzerte, sondern auch Günthers Arbeitsplatz. Wer beim Aufblühen der Gegenkultur dabei war, wird beim Blättern wohl nostalgische Gefühle hegen. Für alle anderen macht Appel die Atmosphäre spürbar.

Rolling Stones Fan Günther Holtschik und Autor Andi Appel bei einer Günther-Lesung.

„Günther“ verschweigt aber auch nicht den „Giftler“: Eine lange Abhängigkeit von Heroin wird alles andere als beschönigt oder gar heroisiert. Ehrlich und offen thematisiert die Biografie die dunklen Seiten der Sucht. Dass Günther im Juli 2022 zum 18. Mal seine Stones live erleben konnte, hat vermutlich einen Grund: So wie der Wiener einer der ersten Zivildiener des Landes war, wurde er in eine der ersten Methadon-Gruppen der österreichischen Geschichte aufgenommen.

„Günther“ von Andi Appel mit einem Vorwort von Wolfgang Ambros ist im resonance Verlag erschienen, 212 Seiten dick mit vier Seiten Fotostrecke in Farbe und um 24 Euro zu bekommen.

Details findest du auch HiER.

Und noch ein Termin für alle FreundInnen rockig guter Literatur: Die große Gala 1 Jahr ‚Reading Rock‘ mit Andi Appel & Gordon McMichael & vielen Special Guests steigt am 2. September im Soundgarden der SZENE WiEN (für den Navi: Hauffgasse 26, 1100 Wien-Simmering) – Beginn: 19 Uhr, Eintritt frei

Details findest du HiER.

Foto & Cover: Ines Altschach, resonance Verlag, Planet.tt

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