Wie entwickelt sich der Wald unter verschiedenen Formen der Bejagung? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Waldbegehung im Raum Pottschach (Stadtgemeinde Ternitz), zu der das Volksbegehren für ein Bundes-Jagdgesetz eingeladen hatte. Der Ökologische Jagdverband hat zusammen mit Tier- und Naturschützern das Volksbegehren für ein Bundes-Jagdgesetz ins Leben gerufen. Derzeit hat jedes Bundesland seine eigene Regelungen.
„Was ist mit diesem Bäumchen passiert?“, fragt Franz Puchegger, Obmann des Ökologischen Jagdverbands Österreichs, und zeigt auf einen vielleicht 15 Zentimeter kleinen Bergahorn. Viele Verzweigungen zeugen davon, dass der Jungbaum schon oft von Rehen und Rotwild verbissen wurde und immer wieder neu austreiben musste. Über die 15 Zentimeter kam er aber nie hinaus. Das gleiche Bild zeigt sich bei Tanne, Eiche, Mehlbeere, Eberesche usw.
Der Obmann des Ökologischen Jagdverbands Österreichs mit einem Bäumchen, das aufgrund der hohen Wilddichte in diesem Waldareal kaum eine Chance hat, größer zu wachsen.
„Der Bestand wurde vor 17 Jahren aufgelichtet, aber bis heute sind keine Jungbäume in die Höhe gekommen, obwohl sie genug Licht hätten – die Schalenwilddichte ist zu hoch“, erklärt der Waldbesitzer Thomas Burtscher aus Ternitz. Die einzigen Nachwuchsbäume, die wir sehen, sind Fichten – sie schmecken Reh und Hirsch am wenigsten gut, „So kommt es durch den Verbiss zusätzlich zu einer Baumarten-Entmischung. Die Fichte wird dominant, ist aber für den bevorstehenden Klimawandel am wenigsten geeignet. Für einen zukunftsfitten Wald brauchen wir eine gute Mischung aus vielen Baumarten und Bäume, die von selbst aufgehen und nicht gepflanzt werden.“
Der Ternitzer Waldbesitzer Thomas Burtscher ist überzeugt: „Für einen zukunftsfitten Wald brauchen wir eine gute Mischung aus vielen Baumarten und Bäume, die von selbst aufgehen und nicht erst gepflanzt werden.“
Diese so genannte Naturverjüngung fehlt in diesem Waldstück praktisch komplett. Unternehmen kann Waldbesitzer Thomas Burtscher dagegen nichts, denn die jagdliche Bewirtschaftung liegt in den Händen einer Genossenschaftsjagdgebiet, die hier in der in Österreich üblichen Form vorgeht. „Das bedeutet viel unnötige Fütterung des Schalenwilds, um die Bestände in die Höhe zu treiben, und ein Fokus der Bejagung nur auf Trophäenträger, also mehrjährige Böcke“, bedauert Thomas Burtscher.
Hier wachsen zahlreiche Eichen, Tannen, Edelkastanien und weitere Baumarten mehrere Meter hoch, die Naturverjüngung funktioniert durch das Engagement der Ökojäger.
Ein völlig anderes Bild zeigt sich am zweiten Standort der Waldbegehung. Hier hat der Waldbesitzer Thomas Burtscher eine Eigenjagd, das bedeutet, er kann sich die Jäger aussuchen, und seine Wahl fiel auf die Ökojäger. Das bedeutet: keine Fütterung, Trophäen sind kein Ziel, höhere Abschüsse und keine Bejagung von anderen Tieren als Schalenwild. Der Effekt könnte nicht deutlicher sein: Nach 17 Jahren, also derselben Zeit wie am ersten Standort, stehen hier zahlreiche Eichen, Tannen, Edelkastanien und weitere Baumarten mehrere Meter hoch, die Naturverjüngung funktioniert. „Der Wald zeigt, ob die Jagd stimmt“, beschreibt Franz Puchegger das Leitmotiv der Ökojäger.
Franz Puchegger (3.v.l.) und Waldbesitzer Thomas Burtscher (r.) zeigten bei der jüngsten Waldbegehung die Unterschiede zwischen Genossenschaftsjagdgebiet und Eigenjagd auf.
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Der Ökologische Jagdverband hat zusammen mit Tier- und Naturschützern das Volksbegehren für ein Bundes-Jagdgesetz ins Leben gerufen.
Zu den Forderungen zählen:
- Mehr Tierschutz und Ökologie in der Jagd (keine grausamen Jagdmethoden, keine Jagd auf gefährdete Arten u.v.m.)
- Schrittweises Beenden der verpflichtenden Winterfütterung (ausgenommen sind nur schwere Notzeiten)
- Abschaffung der gesetzlich verpflichtenden Trophäenschau
- Möglichkeit der Eigenbewirtschaftung durch die Grundeigentümer
Weitere Informationen zum Volksbegehren findest du hier > www.bundesjagdgesetz.at
Text: Clemens Purtscher/Fotos: Wilfried Scherzer-Schwarzataler