Intensiv hat der in Breitenstein lebende Wiener Autor, Musiker und Kabarettist Richard Weihs die Geschichte seiner jüdischen Familie aufgearbeitet und im Laufe der Zeit umfangreiches Material zur Geschichte des Semmerings zusammengetragen. Sein Buch ‚Zertrümmerte Erinnerung am Semmering – Eine jüdisch-österreichische Geschichte‚ erschien im Herbst 2024 (DER SCHWARZATALER berichtete). Jetzt ist der zweite Band fertig. ‚Zertrümmerte Erinnerung am Semmering – Die kuriose Geschichte einer Kurregion‘ wird am 30. September im Jüdischen Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien, vorgestellt. Wir empfehlen eine Platzreservierung – mündlich unter +43-1-535 04 31 1512 oder schriftlich via E-Mail an verena.schrom@jmw.at. Beginn: 18.30 Uhr.
Richard Weihs beschreibt in seinem neuen Werk die Entwicklung vom kleinen Bergpass und den bescheidenen Anfängen als touristischer Geheimtipp bis hin zu einem der bedeutendsten Kurorte der k. u. k. Monarchie. Sodann zur Zäsur des Ersten Weltkriegs, zu seinen Nöten und Krisen, aber auch zu seinem Aufschwung in der Zwischenkriegszeit. Und schließlich zu den verheerenden Folgen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges. „Dabei musste ich feststellen, dass die Enteignung, Vertreibung und Ermordung der jüdischen Bürger und Stammgäste des Semmering-Gebietes auch achtzig Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft noch immer nicht aufgearbeitet und umfassend dokumentiert worden ist, obwohl – oder möglicherweise weil – gerade diese Gegend davon besonders stark betroffen war. Also habe ich diese Aufgabe übernommen und dabei auch eine kurze Geschichte des österreichischen Antisemitismus verfasst und seine Auswirkungen – nicht nur – auf den Semmering“, skizziert Buchautor Richard Weihs.
.
.
Das von Richard Weihs gesammelte historische Material würde locker für zwei voluminöse Semmering-Bücher ausreichen. „Ich habe daher für diesen Band eine Auswahl zusammengestellt und dabei besonderes Gewicht auf die jüdische Geschichte des Semmerings gelegt und seine facettenreiche Beschreibung durch vorwiegend jüdische Schriftsteller und Journalisten. Zahlreiche Skandale und Malversationen, aber auch Auseinandersetzungen politischer Natur werden anhand historischer Zeitungsberichte dokumentiert und mit entsprechendem Bildmaterial illustriert“, weiß Richard Weihs.
.
Das Kurhaus am Semmering auf einer alten Ansichtskarte.
.
Dieses Buch enthält viele zeitgeschichtliche Dokumente in Originalzitaten, die Richard Weihs in keinem der zahlreichen Semmering-Bücher gefunden hat. Behandelt werden unter anderem die wenig ruhmreiche Behandlung der Arbeiter beim Bahnbau, Berichte über die Arbeitskämpfe am Semmering der Zwischenkriegszeit, wo hinter der glänzenden Kulisse mondäner Grandhotels hunderte ausgebeutete Arbeitskräfte schufteten. Auch die langjährigen Aktivitäten der zahlreichen illegalen Nationalsozialisten des Kurortes hat der Autor minuziös dokumentiert.
Bereits im Band 1 hat Richards Weihs von der schamlosen Übervorteilung jüdischer Erben in Breitenstein am Semmering und den Schwierigkeiten bei der Errichtung einer Gedenkstätte berichtet. Auch den bizarren Vorgängen rund um die Umbenennung einer nach einem verurteilten NS-Verbrecher benannten Straße auf dem Semmering hat der Autor im ersten Band ein Kapitel gewidmet.
.
„Mein zweiter Band liefert nun den schon längst fälligen Überblick über die entsetzlichen Verbrechen des Naziterrors in der Semmering-Region – und er zeigt auch auf, wie diese bis heute nachwirken“, erklärt Richard Weihs.
.
„Es ist Richard Weihs gelungen, einen wichtigen Beitrag zu einer differenzierten Aufarbeitung der Geschichte des Semmerings im Nationalsozialismus zu leisten. Dieses Buch ist das Ergebnis jahrelanger Recherche, aber auch eine Annäherung an das, was war, und an das, was oft verschwiegen wurde. Es soll einen Raum eröffnen für Erinnerung, für Fragen, für Empathie. Seine Arbeit soll Erinnerung ermöglichen, Gerechtigkeit einfordern und ein historisches Bewusstsein schärfen, das Verantwortung nicht delegiert, sondern übernimmt“, betont die Journalistin und frühere Direktorin des Jüdischen Museums Wien Danielle Spera.
.
RiCHARD WEiHS live
Sonntag, 28. September – 9.30 Uhr | AUFSTiEG UND ENTEiGNUNG DER KURKULTUR – ein historischer Rückblick mit Richard Weihs im Rahmen der 3. Reichenauer Herbstgespräche | HOTEL MARiENHOF, Hauptstraße 73, A-2651 Reichenau a.d. Rax | https://therapiesalon.at/reichenauer-herbstgespraeche
Dienstag, 30. September – 18.30 Uhr | Buchpräsentation: ‚Zertrümmerte Erinnerung am Semmering – Die kuriose Geschichte einer Kurregion‘ | Jüdisches Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien | Platzreservierung wird empfohlen – mündlich unter +43-1-535 04 31 1512 oder schriftlich via E-Mail: verena.schrom@jmw.at.
.
Bilder © Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft, Sammlung Weihs, GAMÜKL