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Initiative tritt gegen Baummord auf

Der radikale Baumschnitt entlang der Hauptstraße hat zu tiefer Betroffenheit und einem Sturm der Entrüstung geführt. Das Kettensägenmassaker von Payerbach (Neunkirchen) hat hohe Wellen geschlagen, die nicht so rasch abebben dürften. Eine Bürgerinitiative hat sich formiert und drängt auf Neupflanzugen.

Autorin Heidelinde Prüger startete eine Initiative im Ort

„ Unsere Stimmen gehören den Bäumen, damit der unglaubliche Kettensägenmord nicht ungesühnt bleibt. Wir schauen den Verantwortlichen auf die Finger, bis zur Neupflanzung der Bäume“, verspricht die Payerbacher Autorin Heidelinde Prüger, die Initiatorin der Bürgerinitiative „stimmen für bäume”. Und die vieler Payerbacherinnen und Payerbachern sind ihrer Meinung.

Madeleine Petrovic machte sich am "Tatort" ein Bild

Mit großer Betroffenheit reagierte auch die in Gloggnitz lebende Grüne Gallionsfrau Madeleine Petrovic bei ihrer „Tatortbegehung“ auf den Kahlschlag, dem 35 Bäume entlang der Hauptstraße zum Opfer fielen. „Diese Aktion hat das Gesicht von Payerbach verändert – nicht zum Besseren”, so  Petrovic mit Hinweis auf die trostlose Optik, die

Besucher und Ortsbewohner derzeit vor Augen haben. Auch ist die natürliche Böschungsbefestigung durch das Wurzelsystem und die wichtige Funktion von Straßenbäumen als Feinstaubfilter gerade im Frühjahr verloren gegangen. Bei einer Parkbegehung konnte sich Petrovic auch von der unsachgemäßen Verstümmelung der alten, auf jeden Fall zu rettenden Bäume überzeugen. Ein Informationstag zum Thema Baumpflege und naturnahe Ortsbildgestaltung ist geplant.  Thema war auch die Neupflanzung von Linden und Edelkastanien entlang  der Hauptstraße sein.

Ein Blick vom Payerbacher Park zum Ghega-Viadukt

Zahlreiche Persönlichkeiten haben ihren Namen bereits auf die Unterschriftenliste für die Anliegen der Bürgerinitiative „stimmen für bäume”gesetzt, unter anderem die ehemalige Rektorin der Universität für Bodenkultur Dr. Ingela Bruner. Mit den Unterschriften möchte die Initiatorin der Aktion, Dr. HeideLINDE – nomen est omen – Prüger,  den Bürgermeister zum Umdenken bewegen und ersucht ihn in diesem Zusammenhang um die Offenlegung seiner Pläne für die Bundesstraße. „Es geht hier nicht um Parteipolitik, es geht um unseren Ort, in dem es sich bisher gut im Einklang mit der Natur leben ließ”, betont Heidelinde Prüger. Die Mutter eines acht Jahre alten Kindes sieht ihre Bemühungen als Vermächtnis für die nächste Generation. Und Hunderte Payerbacherinnen und Payerbacher sehen das genauso. „Es sind Aktionen geplant, damit der Baummord nicht in Vergessenheit gerät, sondern daraus gelernt wird und Konsequenzen daraus gezogen werden“, verspricht Heidelinde Prüger.

Ein Film von der radikalen Baumrodung: http://youtu.be/BR_fHz_aasA

 

Eine der mysteriös verschwundenen Baumschleifen

Übrigens, Baumschleifen mit positiv formulierten Textzitaten und Texten von Heidelinde Prüger wurden um Baumstämme geschlungen. Intention war, Wertschätzung für die Bäume im Ort auszudrücken.  Doch kaum angebracht wurden diese Schleifen gleich wieder von „Unbekannten“ entfernt.

das manifest der bürgerinitiative “stimmen für bäume”

– wir betrachten die bäume im ort als unsere freunde und schutzbefohlenen und wollen wertschätzung ausdrücken und erwirken.

– wir treten ein für  professionelle baumpflege und weisen auf die möglichkeit hin, alte bäume mit ultraschall zu untersuchen.

– wir sind sehr traurig über die blitzaktion der rodung der historischen lindenallee. die linden sind das wahrzeichen von payerbach. die allee wurde zuletzt in den 1970er jahren verjüngt und war gesund, wie – wir bei einer sichtung der schnittstellen mit sachverständigen festgestellt wurde.

– wir fordern eine neupflanzung der bäume und weisen darauf hin, dass uns durch unsere initiative bereits eine finanzielle förderung durch landeshauptmann erwin pröll zugesagt wurde.

– wir stellen uns schützend vor die alten bäume in unserem historischen park und am ortsplatz und machen darauf aufmerksam, dass sie geschichtsträchtig sind

– sollte ein baum nicht zu retten sein, verlangen wir eine nachpflanzung derselben baumart.

– die naturnahe ortsgestaltung liegt uns am herzen und wir sprechen uns für winterfeste blüher wie lavendel aus.

– wir wollen uns als erholungsgemeinde für alle payerbacher und alle gäste positionieren und wünschen uns das „liebenswerte payerbach“ zurück

 

Heidelinde Prüger: An meine Freunde die Bäume

Ihr habt keine Hände, die so beschaffen sind, dass sie Unheil abzuwehren vermögen. Fest verwurzelt mit der Erde seid Ihr machtlos gegen die Menschen, die darüber rennen und meinen, alles wäre ihnen zu eigen, auch Ihr. Und Eure Hände, die Hände der Erde, die dem Himmel winken, mit stählernen Zähnen zerreißen und Eure Wurzeln, die den Boden halten, ausgraben, und den Boden vermauern.

Ich habe Menschenhände. Ich bin tatsächlich eine von denen, die Euch zu Untertanen machen. Dabei kann ich Euch nicht schützen, denn allein bin ich noch tausendmal schwächer als Ihr. Alles, was ich mit meinen Händen für Euch tun kann, ist, diese zu einer Art Faust zu formen, und damit für Euch zu schreiben, in der Hoffnung, dass es jemand liest, der auch Eure Sprache kennt. Wozu sonst hätte ich es mir beigebracht zu schreiben, in einem kleinen Ort zur Sprache hin zu wachsen, die dort ohnehin kaum einer spricht. Eure Sprache, gute Bäume, ist das Rascheln und Raunen, das Knarren und Ächzen, und die große Stille an einem heißen Tag im Sommer, und der Schatten, den ihr spendet, und die reine Luft, die ihr uns schenkt in Übermaß. Eure Sprache ist das Merci der Erde, dass es sie geben darf unter Monden, schön wie sie ist, wenn ein Verhüllungskünstler Schnee über die Narben breitet oder Schwalben durch die Lüfte girren und Fledermäuse um den Kirchturm kreisen, schneller als die Nacht. Ich bin ein Mensch und somit einer von denen, die Euch versklaven, die Euch zu Bleistiften spitzen, in Papier pressen und euch verbrennen, um sich wohl zu wärmen. Aber es gibt auch Menschen, die erkennen, dass Ihr kostbar seid, unendlich kostbar, wie jedes Leben, dass man Euch ehren soll im Alter und pflegen nach besten Kräften, wenn es Euch schon beschieden ist, in unserer Mitte zu verharren, weil unsere Vorvorväter Euch im Herzen einer Ortschaft eingewurzelt haben. Da steht Ihr nun und ich stehe da und stehe als Mensch zu Euch!

Es war einmal ein Mensch, der ein Wort gefunden hat, das Eurer Würde entspricht. Mit diesem Wort hat er Euch zum König gemacht. Die Krone des Menschen ist aus Metall. Die Krone des Baumes, das seid Ihr selbst, mit Euren Ästen und Zweigen, Säften, Blüten, Früchten. Die Krone des Menschen mag glänzen und mit Steinen besetzt von materiellem Wert sein. Die Krone des Baumes aber lebt. Sie lässt die Vögel darin singen und die Eichkätzchen darüber turnen. Wie hoch ist der Wert einer Baumkrone? Den Schläger interessiert der Stamm, die “geschaffene” Leere. Die Krone ist ihm nichts als ein Haufen Spreißelwerk. Ist einmal der Baum gefällt, so ist auch seine Krone zerfallen und unwiederbringlich verloren.

Der Ort, in dem ich beheimatet bin, hat man früher als „liebenswertes Payerbach” bezeichnet. Heute geht es in den Gemeindeblättern um Jagdpacht und Angelobung. Dazwischen, um die Leute bei Laune zu halten, zum Trauerspiel ein wenig Kabarett. Manchmal fühle ich mich nicht einmal mehr wie ein Gast.

Der Ort, aus dem ich komme, ist geteilt durch einen Fluss und eine Straße. Lange vor meiner Zeit, als sie die Straße bauten, haben Menschen diese durch eine Allee gesäumt. Die Bäume, aus der diese Allee bestand, waren viel besungen, bedichtet, gezeichnet und gemalt. Sie waren, sie waren. Ist das so leicht niederzuschreiben? Ist es wirklich zu ertragen, dass dieses „war“ Vergangenheit bedeutet? Dass man die Bäume heute nur noch auf einem Bild im hiesigen Gasthaus betrachten kann, ohne Blütenduft, im Rauch? Teure Freunde wo soll ich Euch suchen? Aber ich will ja  gar nicht wissen, wie es dort aussieht, wo Eure entrindeten Stämme lagern. Ich möchte mich auflehnen gegen diese grauenhafte Unwiderruflichkeit. Ich möchte, dass man Euch wieder setzt, obwohl ich doch weiß, dass Ihr es nicht seid, und dass Ihr nie mehr sein werdet.

Und dann sagt man zu mir: Dass man bei der Pflanzung und Nachpflanzung über Generationen offenbar den Fehler gemacht hat, entlang des Flusses Linden zu setzen? Dass Ihr womöglich krank, weil alt gewesen seid. Dass jeder Baum im Ort ein Baum zu viel sei, weil es doch ohnehin genügend Bäume gäbe, hier zu Land?

Ihr Bäume im Park, denen das gleiche Schicksal „blüht“. Wir Menschen sind so intelligent, dass wir unsere eigenen Körper durchleuchten können und unser Leben um ein paar Jahre oder Monate verlängern. Wir können aber auch euch durchleuchten, das ist die gute Nachricht, die ich für Euch habe, um all jenen, die Euch als Gefahr für Leib und Leben bezeichnen, zu beweisen, dass Ihr doch gesund seid und nichts mehr bedürft als ein wenig Sorgfalt und Pflege. Es ist Eure Chance, zwar alt, aber gesund zu sein. Ist das Eure Sprache? Könnt ihr mich noch verstehen?

Geliebte alte Bäume, Patrone meines Namens. Ich werde erst aufhören für Euch zu schreiben, wenn Ihr gerettet seid. Nimmt man Euch Hände und Sprache und Leben, so gibt es da immer noch meine Hände, meine Sprache und mein Leben. Und nimmt man mir all dies, so gibt es immer noch meine Kunst. Und von der Kunst dürfen wir doch sagen, dass sie unsterblich ist. Mir soll es auch die Freundschaft sein.

Dazu passen ein Lied der Chansonette Alexandra von 1968: http://www.youtube.com/watch?v=bADHWv-EDF8

 

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