Imarhan landeten am vergangenen Freitag mit ihrem dritten Studioalbum auf der Scheibenwelt. Aboogi handelt von der Vielfalt, der Schönheit und den Kämpfen des Lebens in Imarhans Heimatstadt Tamanrasset am Rand des Hoggargebirges in den Ebenen der Sahara Südalgeriens. Nach dem berauschenden Album Temet von 2018 ist dieses neue Werk so sonnig heiter und offen wie die schier endlosen Weite der Wüste, aus der es stammt. Ein Livetermin von Imarhan in Österreich steht bislang noch in den Sternen.
Auf Aboogi entpuppen Imarhan sich als eine wahrhaft globale Gruppe, die mit ihren Mitstreitern im Geiste des Widerstands und des sozialen Wandels vereint ist. Diese Verbindung wird im Song Achinkad deutlich. „Es ist eine Hommage an unser Volk und an unser Land. Die Tuareg sind seit der Antike präsent und sie sind immer noch hier, präsent in ihrem Land, treu gegenüber ihrem Volk, dankbar gegenüber ihren Vorfahren, ihrer Kultur und voll und ganz ihrer Natur verbunden. Sie reisen durch die Zeiten und sie sind immer hier mit diesem Land Teil ihrer Identität”, skizziert Bandleader Iyad Moussa Ben Abderahmane, alias Sadam.
Anfang 2019 haben die Mitglieder von Imarhan ein eigenes Studio in ihrer Heimatstadt Tamanrasset gegründet – die Aboogi- Studios, benannt nach den ersten Strukturen, die ihre nomadischen Vorfahren bei der Gründung von Siedlungen und Dörfern errichteten. Es ist übrigens das erste professionelle Aufnahmestudio in Tamanrasset, das der Musikergemeinschaft in der Sahara dienen soll. Viele Musiker der Wüstenstadt hatten bis dahin noch nie Zugang zu hochwertigen Aufnahmegeräten. Es lag also nahe, das entstandene Album Aboogi zu nennen, eine Anspielung auf den neuen kollektiven Raum, den sie geschaffen hatten, sowie auf die Widerstandsfähigkeit ihrer Kultur und ihres Volkes.
“Aboogi spiegelt die Farben von Tamanrasset wider, was wir im Alltag erleben“, schildert Sadam, „Wir geben dem Wind und den natürlichen Energien, der Sonne und dem Sand Raum. Wir wollen ihre Farben durch Musik ausdrücken.”
In den gleichmäßigen, beschwingten Rhythmen und den geduldig gezupften Akustikgitarren liegt eine unglaubliche Wärme, die nicht nur aus der natürlichen Umgebung stammt, sondern auch aus der Gemeinschaft, die sie umgibt.
Die Songs auf Aboogi schlagen eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft. Sie sprechen viele aktuelle Themen an, die Imarhans Gemeinschaft betreffen, von unterdrückerischen Gesetzen bis hin zu großen wirtschaftlichen Ungleichheiten. “Du musst mit deinem Volk um jeden Preis solidarisch sein, bis zum Ende”, sagt Sadam.
Hinter der federleichten, festlichen Musik auf Aboogi verbirgt sich ein starkes Gefühl für Überzeugung und Gerechtigkeit. Diese Komplexität macht Imarhans Musik so vorausschauend – Schönheit und Ruhe vermischen sich mit Streit und Herzschmerz und schaffen eine dynamische Sicht auf das Leben derjenigen, die durch mehr als ein Jahrhundert Kolonialismus und einseitige Revolutionen unterjocht wurden, aber mit wahrer Gemeinschaft, Kunst und Kultur gesegnet sind – es sie macht Fernweh nach den beeindruckenden Wüstenlandschaften Südalgeriens.
Fotos: Fehti Sahraoui, City Slang, Promotion