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Die privaten Briefe von Heimito von Doderer sind jetzt im Kral Verlag erschienen

Als „Herr unbestimmbaren Alters, der einem dann und wann im Treppenhause begegnet“, so zurückhaltend charakterisierte sich der in der Prein (Gemeinde Reichenau an der Rax) wirkende österreichische Romancier Heimito von Doderer einmal selbst. Und so diszipliniert, wie er seine Rolle als Person des öffentlichen Lebens einnahm und Privates dabei meist verschwieg, so offen ist er in den Briefen an seine Schwester Astri und deren Mann Hans von Stummer, die im neuen, am vergangenen Samstag von Autorin Claudia Girardi im Alpengasthof Oberer Eggl in der Prein präsentierten, Buch Heimito von Doderer ‚Wer sich in Familie begibt…‘.

„Wer sich“ in Anlehnung an Heimito von Doderers bekanntes Diktum „in Familie begibt“, der kann eben nicht nur ‚darin umkommen‘, er kann auch viel erfahren. Vor allem in den Briefen an die Schwester gab es kein Thema, das tabu gewesen wäre in diesem Familienkosmos mit all seinen Höhen und Tiefen. Kriegs- und Nachkriegserleben sind ebenso präsent wie naturkundliche Studien, Liebesdinge, zeitgeschichtliche Betrachtungen oder die Sichtung eines unbekannten Flugobjekts. Entstehung und Erfolg so bekannter Werke wie Die Strudlhofstiege, Die Dämonen oder Die Merowinger werden aus bisher kaum bekannter Perspektive beleuchtet, aber auch der zum Alltag gewordene Auftritt im Rampenlicht mit Lesereisen, Ehrungen und Preisen. Politiker, erzählende wie kritische Konkurrenz, Personal und Hausmeisterinnen, der Amtsrat Zihal und diverse Merowinger – sie alle haben ihre Auftritte auf dieser Briefbühne mit Autor, Schwester und Schwager.

Weitgehend reproduziert wurde zudem die individuelle Gestalt von Heimito von Doderers Korrespondenz, etwa die Verwendung unterschiedlicher Schriftfarben und seine illustrierenden oder ‚erzählenden‘ Zeichnungen. Zahlreiche Faksimiles einzelner Schreiben, bislang unveröffentlichtes Foto- und Bildmaterial sowie Kommentar und Namenregister ergänzen und erschließen die 175 Briefe und Schriftstücke aus 35 Jahren zwischen September 1931 und Juni 1966, von denen viele in einem Karton in einem alten Bauernkasten im ersten Stock des Riegelhof in der Prein die Wirren der Zeiten überdauert hatten.

Dr. Claudia Girardi, geb. 1963 in Wien, AHS-Lehrerin in Wien und Wahl-Reichenauerin seit Kindertagen, hat neben dem Briefwechsel zwischen Thomas Mann und Bichard von Schaukal (2003) auch den Band „Pegasus auf Berg- und Talfahrt“ über die Dichter im Rax-Semmering-Gebiet (1997) und schließlich „Heimito von Doderers Preinblicke. Eine Lesereise mit alten und neuen Ansichten“ (2006) über den Riegelhof an den Hängen der Rax veröffentlicht.

Die im dortigen Familienarchiv vorhandenen Briefe haben die hier heute vorliegende Sammlung inspiriert.

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Gerald Sommer, Studium der Germanistik, Italianistik und Geschichte. 1999 Promotion (Heimito von Doderer: „Technische Mittel“. Fragmente einer Poetik des Schreibhandwerks [2006]). Mitbegründer und (seit 2008) Vorsitzender der Heimito von Doderer-Gesellschaft; Herausgeber der Schriften der Heimito von Doderer-Gesellschaft sowie Mit- und Alleinherausgeber einzelner Bände der Reihe (1999, 2001, 2004, 2011, 2016). Editionen aus dem Nachlass und zahlreiche Publikationen zum Werk Doderers sowie zu Paul Elbogen, Lion Feuchtwanger und Alexander Lernet-Holenia. Lebt als freier Autor, Redakteur und Herausgeber in Berlin.

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Die gesammelten Briefe sind im Kral Verlag erschienen und unter anderen in der Buchhandlung Lesegenuss von Irmgard Rosenbichler in Gloggnitz erhältlich.

Fotos © Kral Verlag

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