Die Unesco-Welterbe-Konvention wird heuer 40 Jahre alt – Österreich kann bis heute kein einziges Weltnaturerbe vorweisen.
Ende der 1960er Jahre erkannte die Unesco, dass mit der Boden-, Luft- und Wasserverschmutzung, der Industrialisierung, dem unkontrollierten Verkehrszuwachs und dem hemmungslosen Massentourismus ein rapider Biodiversitäts- und Landschaftsverlust einhergeht. Das stete Wachstum der Bevölkerung und deren Ansprüche, die Landschaftszersiedelung und Urbanisierung sowie die technik- und wirtschaftsorientierte Entwicklung der Gesellschaft führen in immer stärkerem Ausmaß zum Untergang traditioneller Lebensformen sowie zur Zerstörung natürlicher und kultureller Werte. Vor allem die vergangenen Jahrzehnte haben deutlich gezeigt, wie sehr der Mensch den Sinn für wahre Werte und Notwendigkeiten verloren hat und blindlings dem vermeintlichen Fortschritt und Wirtschaftswachstum nachjagt, dessen Auswüchse in immer rasanterem Tempo zum Verfall beziehungsweise zur Zerstörung unwiederbringlicher Natur- und Kulturgüter führen.
Um dieser negativen Entwicklung entgegenzuwirken, beschloss die Generalkonferenz der Unesco im November 1972 die „Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“. Diese hat zum Ziel, weltweit Landschaften von hervorragender Schönheit und Vielfalt sowie die Zeugnisse vergangener und die Schätze bestehender Kulturen vor dem Verfall oder der Zerstörung zu schützen und als Welterbe der gesamten Menschheit für zukünftige Generationen zu erhalten. Das Übereinkommen trat 1975 in Kraft. Mehr als 180 Staaten haben bisher die Welterbe-Konvention unterzeichnet, womit es das international bedeutendste Abkommen ist, das jemals von der Völkergemeinschaft zur Erhaltung und zum Schutz ihres natürlichen und kulturellen Erbes beschlossen wurde. Mehr als 900 Natur- und Kulturgüter gehören nun zum „Welterbe der Menschheit“. Auch Österreich hat einige seiner Kulturschätze zum Welterbe erklären und unter den Schutz der internationalen Staatengemeinschaft stellen lassen: die Altstädte von Wien, Salzburg und Graz, das Schloss und den Park von Schönbrunn, die Semmeringbahn mit umgebender Landschaft, die Kulturlandschaften Wachau, Hallstatt- Dachstein/Salzkammergut und Neusiedler See sowie die prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen. Doch kann Österreich bisher keine einzige Weltnaturerbestätte aufweisen, auch wenn es sich gerne als „Umweltmusterland“ bezeichnet.
2003 startete Österreich zwar den Versuch, einen Teil des Nationalparks Hohe Tauern als Weltnaturerbe einzubringen, doch erfüllte dieser damals die Unesco-Welterbe-Kriterien nicht. Heute wären die Voraussetzungen gegeben, nur fehlt jetzt der politische Wille hiezu. Auch die Idee, die Donau-March-Thaya-Auen als größten zusammenhängenden Auwald Mitteleuropas ins „Welterbe der Menschheit“ einzubringen, musste wirtschaftspolitischen Interessen Platz machen.
Und zu guter Letzt bestreitet man nun seitens des Kulturministeriums, dass auch die umgebende Landschaft der Semmeringbahn zum Welterbe gehört, damit dieses dem umstrittenen Basistunnel ja nicht im Weg stehe.
Gastkommentar von Christian Schuhböck
Christian Schuhböck ist Sachverständiger für Naturschutz und Landschaftsökologie, spezialisiert auf das Welterbe, Nationalparks und internationale Schutzgebiete. Bücher: „Österreichs Welterbe“ (Verlag Christian Brandstätter), „Weltkulturerbe Semmeringbahn“(Kral-Verlag).