Immer wieder Probleme im Hotel- und Gastgewerbe: Kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld, keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, kein Dienstvertrag. Zwei Kellnerinnen wurden vom Chef eienr Café Bar in Ternitz hemmungslos ausgenutzt. Die AKNÖ konnte bei Gericht wenigstens einen Teil der unterschlagenen Zahlungen erkämpfen.
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Geradezu anarchistische Zustände herrschten in einer Cafe Bar in Ternitz. Der Lohn wurde täglich in bar ohne Abrechnung ausbezahlt. Die zwei Kellnerinnen bekamen kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld, keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auch kein Dienstvertrag.
Begonnen hat alles mit der Übernahme des Lokals durch die Schwester des ehemaligen Betreibers. Die zwei Kellnerinnen waren überzeugt, von der neuen Chefin eins zu eins übernommen worden zu sein. Doch erst am Ende stellte sich heraus, dass sie im Zuge der Übernahme einfach abgemeldet wurden, um mit 20 Wochenstunden wieder neu angemeldet zu werden. Ohne je einen Dienstvertrag vorgelegt bekommen zu haben, gingen sie auch arbeiten, wenn sie krank waren, denn bei Krankenstand gab es in der dubiosen Café Bar kein Geld. Ebenso nicht, wenn sie sich frei nahmen oder wenn die Weihnachtsremuneration fällig wurde.
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Foto: Schuh
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Nachdem im Zuge von Umbauarbeiten das Lokal für zwei Wochen geschlossen wurde und das „Angebot“ der Chefin kam, die beiden Kellnerinnen könnten zwar mithelfen, bezahlt würden sie dafür jedoch nicht, kam es kurz darauf zur Trennung. „Dann wurde einer Kellnerin die Dienstgeberkündigung in eine Dienstnehmerkündigung umgewandelt sowie eine Dienstauflösung als einvernehmlich gemeldet, obwohl eine solche niemals unterschrieben wurde“, schildert der Neunkirchner AK-Bezirksstellenleiter Gerhard Windbichler den grenzwertigen Fall. Bei solcher Betriebsführung war es selbstredend, dass der Fall letztendlich vor Gericht ausgefochten werden musste, da sich die Chefin völlig uneinsichtig zeigte.
Wegen falscher Sonderzahlungen und fehlender Urlaubsersatzleistungen wurden den beiden Kellnerinnen vom Gericht rund 1.600 Euro und 860 Euro zugesprochen.
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Jahresbilanz 2015 –Bezirk Neunkirchen
Arbeits- und sozialrechtliche Beratungstätigkeit
Persönliche Beratungen: 1.827
Telefonische und schriftliche Beratungen: 3.048
Interventionen beim Arbeitgeber: 141
Kostenloser Rechtsschutz: 53
Außergerichtlich eingebracht: 158.760 Euro
Gerichtlich eingebracht: 171.817 Euro
Insolvenzvertretung: 1.115.628 Euro
Gesamt: 1.446.205 Euro
2015 forderte die AK Neunkirchen für 194 ArbeitnehmerInnen ausstehende Löhne und Gehälter ein. „Leider haben es einige Arbeitgeber auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen“, sagt Bezirksstellenleiter Gerhard Windbichler. Für die ArbeitnehmerInnen des Bezirks konnten 330.577 Euro an Entgeltnachzahlungen erreicht werden. Weiters wurden 1.115.628 Euro für 128 ArbeitnehmerInnen aus 16 insolventen Betrieben gesichert.
Ungerechte Verfallsfristen im Visier der AK
„Wegen der Geltung von Verfallsfristen konnten viele niederösterreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihnen zustehende Ansprüche nur für einen kurzen Zeitraum einfordern – auch wenn sie über Monate oder gar Jahre zu wenig Geld bekommen haben“, kritisiert AK-Vizepräsident Horst Pammer. Betroffen ist hier vor allem das Gastgewerbe, das nach wie vor ein Sorgenkind in der Arbeitsrechtsberatung ist. Vier von zehn Gastgewerbe-Beschäftigten, die von der AK Unterstützung erhielten, hatten überhaupt keine Lohnabrechnung vom Dienstgeber erhalten.
Seit 1. Jänner ist indes eine wichtige Forderung erfüllt. Es müssen jetzt Brutto-Netto-Abrechnungen ausgestellt werden. So kann erstmals geprüft werden, wie viele Überstunden bezahlt worden sind. Hier tappten die ExpertInnen der AKNÖ oft im Dunkeln und mussten die Stundenaufzeichnungen mühsam rekonstruieren.
Vizepräsident Pammer wiederholte bei der Präsentation der Jahresbilanz im Arbeitsrecht die Forderung nach Abschaffung aller Verfallsfristen. „Geleistete Arbeit muss entlohnt werden.“
Tipp: Arbeitszeiten aufschreiben & Lohnzettel kontrollieren
„Wenn es hart auf hart kommt, ist es wichtig, seine Ansprüche vor Gericht nachweisen zu können. Denn wenn nicht alle Arbeitszeiten detailgenau und lückenlos dokumentiert sind, sind Klagen oder Klagsdrohungen zwecklos“, sagt die Leiterin des AK-Rechtsschutzbüros NÖ Süd, Mag. Karin Matzinger. Sie rät deshalb:
» Arbeitszeiten minutiös aufzeichnen – und wenn möglich von einer Kollegin oder einem Kollegen bestätigen lassen. Damit hat man im Falle des Falles ein Beweismittel in der Hand, um Forderungen durchsetzen zu können.
» Lohnabrechnungen kontrollieren (lassen): Nie darauf vertrauen, dass die Lohnabrechnung stimmt. Es können sich bei einer Überprüfung große Nachzahlungen ergeben.
» App: Mit dem AK-Zeitspeicher können Sie einfach und schnell die Arbeitszeiten dokumentieren. Mehr unter: zeitspeicher.arbeiterkammer.at ☮
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