Vom Abfallprodukt zum Beautywunder, könnte man auch sagen, denn das „Hydrolat“, das bei der Gewinnung von ätherischen Ölen durch Destillation anfällt, ist ein vielfältig verwendbares Produkt. Die in Buchbach lebende Aromaexpertin und Autorin Ingrid Kleindienst-John verrät in ihrem neuen Buch „Hydrolate“ viel Interessantes über heilkundliche Anwendungen, Kosmetika und in die Verwendung von Hydrolaten in der Küche.
Hydrolate galten, wie der Trester beim Pressen von Trauben oder Oliven, lange als Abfall. Während der Pressrückstand als Grappa Gourmets erfreut, sind nun auch die Hydrolate auf dem Weg, ihr Schattendasein, das sie neben den ätherischen Ölen fristen, zu verlassen. Nicht unschuldig daran ist die Buchbacher Hydrolate-Expertin Ingrid Kleindienst-John, die mit ihrem sehr informativen Buch “Hydrolate – Sanfte Heilkräfte aus Pflanzenwasser” die Tür zur vielfältigen Welt der Hydrolate allen Interessierten weit öffnet. Die Buchbacherin experimentiert seit gut zwei Jahrzehnten mit den geheimnisvollen Destillaten. Ihre ersten Destillate träufelten aus einem Erlenmeyer-Kolben, wie im Chemieunterricht – die Schwestern der Autorin sind schließlich Chemikerinnen. Mehr Ertrag destilliert Kleindinest-John mit ihrer Kupferdestille, die sie jetzt verwendet. Ihre langjährigen Erfahrungen mit dem Destillieren spiegeln sich im aktuellen Buch auf spannende und inspirierende Weise. Die Autorin spart nicht mit tipps und Erfahrungswerten, die jeder Leserin und jedem Leser im Alltag durchaus hilfreich sein können. Aber auch Hoppalas beim Destillieren werden humorvoll erzählt.
Die Buchbacherin schildert nicht nur, wie das Destillieren funktioniert und was sich dabei abspielt, sondern gibt Tipps zur Lagerung und Haltbarkeit von Hydrolaten und schildert – ganz wichtig – welche Wirkstoffe wirksam werden und wozu sie gut sind. Ein großer Teil des Bandes – erkennbar an den grünen Seiten – beschreibt an die 90 verschiedene Pflanzenwässerchen, welche Teile destilliert werden, wie sie wirken und welche Inhaltsstoffe dafür verantwortlich sind – vom Angelikawurzel-Hydrolat bis zum Zypressen-Hydrolat. Und zu guter Letzt schenkt uns die Autorin noch einige Rezepte aus ihrem reichen Fundus, vom Gesichtswasser über das Haarwasser, das bei Haarausfall hilft, bis zum Sauerteig mit Kümmel- und Fenchel-Hydrolat. Da fließt schon beim Lesen und bei den Bildern das Wasser im Mund zusammen.
Hier noch einiges aus dem Wissensschatz von Ingrid Kleindienst-John
Pflanzenwasser für die Schönheit, die Seele und den Genuss
Ätherische Öle werden durch Wasserdampfdestillation gewonnen. Dabei entsteht auch das Hydrolat, das mit den wasserlöslichen Bestandteilen der jeweiligen verarbeiteten Pflanze versetzt ist. Wir haben es also mit einem Nebenprodukt der
Wasserdampfdestillation von Duft- und/oder Heilpflanzen zu tun. Bei der Wasserdampfdestillation bricht der Dampf die Öldrüsen des Pflanzenmaterials auf und reißt aus den Blättern, Blüten, Hölzern diejenigen Komponenten mit sich,
die einen niedrigeren Siedepunkt haben und leichter sind als Wasser, und transportiert sie nach oben. In unserem Fall sind das die ätherischen Öle, aber auch andere wasserlösliche Pflanzenteile.
Hydrolate sind schon seit Anbeginn der Destillationsverfahren bekannt und wurden früher vielfach mehr benutzt, und zwar vor allem in der Küche. Das geschieht auch heute noch. Denken wir nur an die arabischen Länder, wo Rosenwasser anstelle von Champagner getrunken wird, aber auch an die Marzipanherstellung, für die Rosenwasser unverzichtbar ist.
Vielfältige Verwendungsmöglichkeiten
- Hydrolate eignen sich hervorragend für Kompressen bei Prellungen, Verbrennungen oder Fieber
- zur Herstellung von Cremes, Schüttellotionen, Deos und Haarwässern sind sie ausgezeichnet geeignet
- Hydrolate in der Duftlampe oder im Airspray tragen zu einer ausgeglichenen Raumatmosphäre bei und können in Erkältungszeiten die Keime im Raum reduzieren
- Hydrolate eignen sich vorzüglich zur Einnahme, wirken jedoch wesentlich konzentrierter als beispielsweise ein Tee der gleichen Pflanze; also sollte man sie verdünnen
- Hydrolate sind in der Küche gut einsetzbar, bei kalten Gerichten, wie z. B. Salaten oder auch beim Brotbacken mit Sauerteig können sie uns ganz neuartige Geschmackserlebnisse bringen
Einige Hydrolate ihre Herstellung und ihre Anwendungen
Kornblumen-Hydrolat Centaurea cyanus – In der Hochprovence wird die Kornblume speziell für das Kornblumen-Wasser angebaut. Destilliert werden ausschließlich die Blütenblätter. Traditionell verwendet man Kornblumen-Hydrolat für Augenkompressen (man nennt die Kornblumen auch „Brillen-Brecher“), aber auch als Gesichtswasser zur Entspannung gestresster Haut. Für die Hautpflege ist es ein wunderbares Elixier. Man kann damit die Haut nicht nur reinigen, es
ist auch gut einsetzbar als Bodysplash.
Selbst hergestelltes Hydrolat duftet zart und steht diesem professionell hergestellten erfreulicherweise um nichts nach. Haben Sie also die Gelegenheit dazu und wollen es ausprobieren: Es lohnt sich unbedingt!
Verwendete Pflanzenteile: blühendes Kraut
Wirkung: entspannend auf der Haut
Kornblumen-Body-Splash – Vor allem im Sommer ist eine kleine Körper- oder Gesichtsdusche besonders hilfreich. Sie benötigen dazu: 1 Sprayflasche 100 ml, 75 ml Kornblumen-Hydrolat, 25 ml Pfefferminz-Hydrolat. Die Hydrolate der Reihe nach in die Sprayflasche füllen, gut schütteln und verwenden.
Kamillen-Reinigungsmilch: Zutaten: 5 g Bienenwachs, 5 g Lanolin anhydrid, 100 ml Mandelöl, 250 ml Kamillen-Hydrolat. Zubereitung: Bienenwachs und Lanolin werden geschmolzen, das Mandelöl wird zugegeben und gleichmäßig untergerührt. Gleichzeitig wird das Kamillen-Hydrolat erwärmt. Bei etwa 60° C beides vom Feuer nehmen und das Hydrolat in die Fettmasse einrühren. Die Kamillen-Reinigungsmilch wirkt besonders besänftigend auf die Haut.
Cold Cream nach Maß: Bei der Cremeherstellung gehen wir so vor, als wollten wir Mayonnaise rühren: Wir kombinieren einen Fettanteil mit einem Wasseranteil, geben die jeweiligen Wirkstoffe dazu und rühren, rühren, rühren. Das nachstehende Basisrezept für Cold Cream kann mit ätherischen Ölen nach eigenem Geschmack produziert werden. Zutaten: 120 ml Mandelöl, 15 g Bienenwachs, 50 ml Hydrolat nach eigenem Ermessen, 15 – 18 Tropfen ätherische Öle, passend zum gewählten Hydrolat. Zubereitung: Bienenwachs im Wasserbad schmelzen (bei etwa 65° C), Mandelöl dazugeben und gleichmäßig verrühren. Achtung: die Mischung darf nicht kochen! Das Hydrolat in einem gesonderten Gefäß erwärmen und dann nach und nach in die Mischung Bienenwachs-Mandelöl unter ständigem Rühren hineinleeren. Vom Feuer nehmen und die ätherischen Öle einrühren. Glattrühren und in einen Behälter mit Deckel umfüllen, erkalten lassen, dann erst zuschrauben. Die Creme hält normalerweise bis zu etwa sechs Monate.
Ingrid Kleindienst-John, langjährige Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Kybernetik der Universität Wien, beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit Kräutern und ätherischen Ölen. In ihrem Ausbildungszentrum für Aromatologie und Blütenberatung bietet sie zertifizierte Ausbildungen für Aromatherapeut/Innen und in der Aromapflege an. Sie leitet das Institut Feng Shui Austria. Die Buchbacher Autorin bietet auch Vorträge und Seminare rund um die Themen Aromatherapie, Bachblüten, Feng Shui und Radiästhesie an.
Hydrolate – Sanfte Heilkräfte aus Pflanzenwasser von Ingrid Kleindienst-John, Freya Verlag, Gebundene Ausgabe, 200 Seiten, farbig, ISBN: 978-3-99025-053-2, Euro 19,90