Bereits im Jänner wurde die Bergrettung der Ortsstelle Reichenau zu einer Bergung im Alpenvereinssteig (kurz AV-Steig) im Großen Höllental alarmiert (der SCHWARZATALER berichtete). Dieser nordseitige Steig wird jedes Jahr von unzähligen Freizeittouristen im Frühling sträflich unterschätzt, weil gerade auf diesem Klettersteig (Schwierigkeitsgrad: A/B) sehr lange mit Schnee und Eis zu rechnen ist. So auch diese Woche, in der die freiwilligen Helferinnen und Helfer zu zwei Einsätzen alarmiert wurden, nachdem die winterlichen Verhältnisse in der kaum vorhandenen Tourenplanung für böse Überraschungen bei den Wiener Freizeitkletterern sorgten.
Am Donnerstag um kurz vor 17:00 Uhr alarmierten zwei Männer aus Wien (30 Jahre und 27 Jahre), dass sie im Schnee am AV-Steig steckengeblieben sind und nicht mehr weiter könnten. Aufgrund der nahenden Dämmerung, rückte ein rasch zusammengestelltes Bergeteam der Ortsstelle Reichenau gemeinsam mit der Alpinpolizei aus und fuhr zum Einsatzort im Großen Höllental. Parallel wurde der Polizei-Hubschrauber alarmiert, um aus der Luft die leichtsinnigen Wiener zu orten. Die Crew konnte die beiden Wiener auf etwa 1.400 Meter Seehöhe im tief verschneiten Absturzgelände orten. Aufgrund der Verhältnisse und der späten Uhrzeit wurde entschieden eine Taubergung durchzuführen, die Crew der Bergrettung unterstützte am Zwischenlandeplatz im Weichtal. Die Bergung durch den Polizei-Hubschrauber glückte und die Bergretter konnten die beiden jungen Wiener im Höllental entgegennehmen.
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Sie gaben an, bereits am Vormittag zur Tour gestartet zu sein. Eigentliches Tourenziel war der Teufelsbadstubensteig (Schwierigkeitsgrad: B), jedoch fanden sie den Einstieg nicht und landeten stattdessen am AV-Steig. Ohne Planung stiegen sie in diesen ein und setzen den Aufstieg, ohne entsprechender Ausrüstung für eine Winterbegehung und trotz zunehmender Schneelage und Vereisung fort. Die beiden Wiener hatten weder Steigeisen noch Pickel dabei und waren quasi nur für einen Spaziergang im Wiener Stadtpark gerüstet. Schließlich kamen sie vom AV-Steig ab und landeten am Gustav-Jahr-Klettersteig (Schwierigkeitsgrad: A/B). An einer Stelle, wo das Stahlseil unter dem Schnee begraben war, wurde die Tour schließlich gestoppt und von den Beiden der Notruf abgesetzt.
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Der zweite Notruf für einen Einsatz am AV-Steig ging am heutigen Sonntag kurz nach 15:00 Uhr ein, ein Paar aus Wien war kurz unterhalb der Höllentalaussicht in Bergnot geraten, nachdem die Frau fast 30 Meter über ein Schneefeld abgerutscht war und sich den weiteren Aufstieg nicht mehr zutraute. Die Dienstmannschaft rückte aus und fuhr mit der Rax-Seilbahn (an dieser Stelle vielen Dank für die Unterstützung) auf die Rax und begann mit dem Zustieg. Parallel wurde der Christophorus Hubschrauber alarmiert, nachdem die beiden angaben, bereits durchnässt und unterkühlt zu sein. Beim Suchflug konnten die beiden auf rund 1.600 Meter Seehöhe ausgemacht werden. Die abgestürzte Frau wurde mittels Tau durch den Rettungshubschrauber geborgen. Die eintreffende Bergrettung übernahm den männlichen Begleiter und stieg mit diesem zur Seilbahn ab.
Leichtsinn am Berg kann böse enden. Die schlecht ausgerüsteten Freizeitsportler hatten Glück und die Hilfe der Freiwilligen der Reichenauer Bergrettung, des ÖAMTC und der Polizei. Die Punkte zeigen die Einsatzorte von vergangenen Donnerstag.
Auch in diesem Fall erfolgte weder eine entsprechende Tourenplanung, noch waren die Freizeitspazierer adäquat ausgerüstet: Sportschuhe und Jeans sind für einen Spaziergang in einem Wiener Park, aber nicht für eine Wintertour auf der Rax ausreichend. Und Steigeisen sind bei einer Klettersteigtour im Schnee stets mitzuführen und rechtzeitig anzulegen.
„Wir sind froh, dass bei beiden Einsätzen keine Personen zu Schaden gekommen sind. Wir appellieren eindringlich, die Klettersteige im Höllental erst nach der Schneeschmelze zu begehen. Es besteht akute Absturzgefahr! Und bei jeder Tour ist es unbedingt notwendig, sich im Vorfeld über die Bedingungen und Witterung zu informieren“, appelliert Sabine Buchebner-Ferstl von der Bergrettung Reichenau.
Fotos © ÖBRD Niederösterreich / Wien – Ortsstelle Reichenau