Es ist Dr. Irmgard Griss zu verdanken, dass den Österreichern durch die Hypo-Untersuchungskommission mit erschreckender Klarheit endlich einmal gesagt wurde, wie wichtige Entscheidungen zustande kommen (oder auch nicht) und wie unsere Kontrollorgane arbeiten (oder auch nicht).
Fragwürdige Entscheidungsprozesse und versagende Kontrollorgane sind leider nicht auf die Hypo beschränkt, sondern scheinen in Österreich geradezu systemimmanent zu sein. Ohne Übertreibung kann man daher in weiten Bereichen von einem Staatsversagen sprechen. Umso erstaunlicher ist, dass derzeit der Fokus ausschließlich auf die Hypo gerichtet ist; dadurch wird das Thema verengt und auch rasch personell zugespitzt, auf einen verstorbenen und eine Handvoll bereits zurück getretener Politiker.
Wichtig wäre freilich, dass man das Versagen der politischen Mechanismen analysiert, um ähnliche Finanzkatastrophen in Zukunft zu verhindern. Weder Politik noch Medien unterziehen sich dieser wichtigen Aufgabe – wohl um nicht an den goldenen Geldverteilungskarussells der österreichischen Innenpolitik zu rühren. Allen voran den sogenannten „Investitionen“ in den Bahnausbau.
Ohne verkehrspolitischen Sinn werden die Megatunnel Semmering, Koralm und Brenner errichtet, die für den Bahnausbau veranschlagten Mittel erreichen mit unvorstellbaren 65.000 Millionen Euro ein Mehrfaches der höchstmöglichen Schadenssumme der Hypo. Allein die Höhe des Betrages müsste – angesichts der prekären Budgetlage – unsere Politiker dazu veranlassen, eine sofortige Notbremsung vorzunehmen. Ein kurzer Blick auf Daten und Fakten zeigt, dass hier nicht sinnvoll investiert wird, sondern – wie bei der Hypo – sinnlos Geld verbrannt wird:
- Österreich investiert langfristig jährlich etwa so viel in neue Bahnprojekte wie Deutschland, obwohl dessen Brutto-Inland-Produkt (BIP) etwa zehnmal so groß ist wie unseres. Damit ist es auch nicht überraschend, dass die österreichischen Ausbauprojekte volks- und betriebswirtschaftlich völlig unrentabel sind.
- Sowohl der Bahngüterverkehr als auch der Bahnfernverkehr stagniert seit der Jahrtausendwende EU-weit, nur der Personennahverkehr weist Zuwächse auf. Die Großinvestitionen sind verkehrspolitisch somit völlig zwecklos, da sie den beiden schrumpfenden Bereichen der Bahn dienen.
Anstatt sofort zu handeln und damit einzugestehen, dass man in der Vergangenheit Fehlentscheidungen getroffen hat, haben unsere Politiker bis jetzt die – falschen – Entscheidungen verteidigt. Die wichtigsten Entscheidungsträger waren aber jedenfalls so schlau, die Entscheidungsbefugnisse abzuschieben: Ein künftiger Untersuchungsausschuss – oder auch ein Gericht – wird daher niemanden persönlich zur Verantwortung ziehen können; denn übrig bleibt das leider unbedarfte Parlament.
Warum unsere Medien diese fatale Vorgangsweise nicht genügend aufzeigen, lässt sich offenbar nur durch deren Abhängigkeit durch Inseratenkäufe von der Politik erklären, doch letztlich wird sich die Wahrheit auf Dauer nicht verdrängen lassen – siehe Hypo!
Dkfm. Franz Fally
Sprecher der BI gegen den Bau des Semmering-Basistunnels
Hirschwang an der Rax