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Makaya McCraven vereint Jazz mit Folk und Elektronik zu facettenreichen Klanggemälden

Makaya McCraven ist Schlagzeuger, Komponist sowie Produzent und im Jazz seit Jahren eines der größten Versprechen für die Zukunft des Genres. Sein neues Album In These Times (XL Recordings) landete kürzlich auf der Scheibenwelt. Ganze sieben Jahre hat McCraven an diesem Werk gearbeitet und es ist die Krönung seiner facettenreichen Diskographie und dabei genau das Album geworden, das er schon immer machen wollte. Das Album spiegelt auch McCravens persönliche Erfahrungen in einer multinationalen Musikergemeinschaft der Arbeiterklasse wider. Der Begriff „Jazz“ trifft allerdings den Sound des Albums nur unzureichend. In These Times ist ein Album ohne enge musikalische Grenzen. Diese verwischen nämlich in den Arrangements des Künstlers, in dem er Jazz und Folk des 21. Jahrhunderts mit Elektronik vermischt.

Makaya McCraven wurde im Herbst 1983 als Sohn der ungarischen Sängerin und Flötistin Ágnes Zsigmondi und des afroamerikanischen Jazz-Schlagzeugers Stephen McCraven in Paris geboren und wuchs in einer quicklebendigen, kreativen Gemeinschaft in Northampton, Massachusetts, USA, auf, wo sein Vater oft mit Künstlern wie der Saxophonistin und Musikethnologin Marion Brown, dem Multi-Instrumentalisten Yusef Lateef und dem Saxophonisten Archie Shepp sowie einer Reihe afrikanischer Gnawa-Musiker spielte. Diese spezielle Szene mit ihrer Mischung aus verschiedensten Kulturen trug dazu bei, seine Philosophie des Jazz‘ zu definieren: Jazz, der eben „nicht nur“ Jazz war, sondern auch Elemente traditioneller Folkmusik enthielt. Prägend war dabei auch die osteuropäische Volksmusik seiner Mutter.

Während er als Jugendlicher in globale Folk-Traditionen eintauchte, war er auch ein Kind der neunziger Jahre, das stark vom Sample-basierten Hip-Hop beeinflusst war. Er beobachtete, dass Jazz von Gleichaltrigen manchmal als etwas Altes, Kitschiges und sehr Weißes wahrgenommen wurde. Dies stand im direkten Gegensatz zu seinen eigenen Erfahrungen mit der Musik. „Das war eine so seltsame Vorstellung für mich, denn die Jungs, mit denen ich aufgewachsen bin, waren cool und eigentlich nicht so engstirnig. Ich verstand ihre Einstellung nicht“, erinnert sich Makaya McCraven heute.

Nachdem er sich durch die Musikszene von Western Massachusetts spielte und eine Jazz-Hip-Hop-Band namens Cold Duck Complex mitbegründete, die als Support für The Pharcyde, Digable Planets und den Wu-Tang Clan auftraten, zogen er und seine damalige Freundin und heutige Ehefrau – die Wissenschaftlerin für vergleichende Rassenstudien Nitasha Tamar Sharma – 2006 nach Chicago. Schon bald tauchte McCraven in die kreative Jazzszene der ‚Windy City‘ ein, stellte seine Vielseitigkeit unter Beweis und fand dabei eine Gemeinschaft, die eine pulsierende Szene widerspiegelte, aus der er künstlerisch hervorging. Innerhalb von fünf Jahren hatte er sich einen Namen gemacht und trat mit Szenegrößen wie Willie Pickens, Marquis Hill und Jeff Parker auf.

Ende 2011 lernte er die Gründer des Chicagoer Labels International Anthem kennen, die zwischen 2012 und 2013 eine Reihe von improvisierten Jazzabenden mit McCravens Combo im Bedford veranstalteten und aufnahmen, einem Club, der in einem ehemaligen Kellergewölbe einer Bank lag. McCraven nahm dort 48 Stunden lang auf und formte diese Aufnahmen zu Hip-Hop-Beats, nicht unähnlich der Art, wie Teo Macero Miles Davis Album „On the Corner“ zusammengesetzt hat. Damals betrachtete McCraven das Projekt, aus dem 2015 die Doppel-LP In The Moment hervorging, als eine Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen. Makaya über diese Zeit: „Ich wollte ein junges Publikum für diese Musik finden und begeistern. Es fühlte sich einfach wie die richtige Zeit und der richtige Ort an, an dem ich wirklich mit den Leuten in Kontakt treten konnte.“

McCraven verfeinerte seine Prozesse der Live-Improvisation und des Samplings 2017 mit Highly Rare und 2018 mit Where We Come From, das aus Aufnahmen eines intimen Showcases im Londoner Total Refreshment Centre entstand, und Universal Beings (ebenfalls 2018 veröffentlicht). Für Universal Beings wurden internationale Musiker eingeladen, darunter Nubya Garcia und Shabaka Hutchings aus London, Junius Paul und Tomeka Reid aus Chicago, Anna Butterss und Miguel Atwood-Ferguson aus Los Angeles sowie Brandee Younger und Dezron Douglas aus New York.

Makaya McCraven vereint Jazz und Folk des 21. Jahrhunderts mit Elektronik zum spannenden Klanggemälde.

In der Zwischenzeit hat Makaya McCraven Gil Scott-Herons letztes Album I’m New Here unter dem Namen We’re New Again: A Reimagining by Makaya McCraven neu arrangiert, gleichzeitig sammelte er Ideen für In These Times. Das vorliegende Album ist eine Sammlung von polytemporalen Kompositionen, die sowohl von breiteren kulturellen Kämpfen als auch von McCravens persönlichen Erfahrungen als Produkt einer multinationalen Musikergemeinschaft der Arbeiterklasse inspiriert ist.

In These Times ist Makaya McCravens musikalisches Großwerk geworden, das seine musikalischen wie persönlichen Einflüsse zusammenbringt und einmal mehr beweist, warum er als einer der einflussreichsten Musiker des neuen Jazz gilt. Aus einem Versprechen für die Zukunft, ist einer der wichtigsten Musiker im Hier und Jetzt geworden.

Es wird Zeit, dass Makaya McCraven sich einmal in unseren Breiten blicken und hören lässt.

Fotos: Nate Schuls, Sulyiman Stokes, Beggars Group,

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